top of page

Achtsamkeitsübungen für Kinder // Das Geschenk der Achtsamkeit

Aktualisiert: vor 4 Tagen

"Du kannst die Wellen nicht stoppen, aber du kannst lernen zu surfen." - Jon Kabat-Zinn

Für lange Zeit ging ich ungeübt durchs Leben: zerstreut von A nach B nach C usw. - ohne zu merken, wo ich mich im Moment befinde. Nachdem ich im November 2023 an einem 8-wöchigen MBSR-Kurs teilnehmen durfte, wurde mir klar, was Achtsamkeit wirklich bedeutet. Ich erkannte das Geschenk, das ihr entspringt, wenn wir sie schon früh im Alltag einbinden.



Das sich selbst überlassene Gehirn

In unserer Kultur gibt es bisher so gut wie keine Ansätze, bereits bei Kindern die Aufmerksamkeit und den Geist zu schulen. Aus diesem Grunde weisen sehr viele Kinder in der westlichen Welt zunehmend größer werdende Defizite in dieser Hinsicht auf, denn insbesondere die sehr früh beginnende und äußerst intensive Beschäftigung mit Smartphones und Computerspielen gewöhnt das heranreifende Gehirn daran, dass Aufmerksamkeit immer an einen Reiz gebunden ist. Da piept es, blinkt es, bewegt sich schnell über den Bildschirm - und lockt so die Aufmerksamkeit. Wenn jedoch nichts piept, nichts blinkt oder sich bewegt - also die Reize ausbleiben -, empfindet ein in dieser Weise geprägtes Gehirn sehr schnell Langeweile und wird unruhig. - Anna Trökes & Bettina Knothe, Neuro-Yoga, S. 29



Warum Achtsamkeit für Kinder wichtig ist und wie sie diese spielerisch lernen


Kinder sind oft mit einer Vielzahl von Eindrücken und Aktivitäten konfrontiert. Schon in jungen Jahren erleben sie Stress oder Überforderung. Hier hilft Achtsamkeit: Sie stärkt das Selbstbewusstsein, fördert die Konzentration und gibt Kindern Werkzeuge an die Hand, ihre Gefühle wahrzunehmen und mit Herausforderungen gelassener umzugehen. Wer geübt in Achtsamkeit ist, kann die eigene Aufmerksamkeit besser steuern. Durch regelmäßige, spielerische Übungen kann dies trainiert werden – und so in den Alltag der Kinder übergehen.


Es gibt immer mehr Schulen, die Achtsamkeitspraxis in den Lehrplan integrieren, auch in Deutschland. Der Bedarf ist hoch: Die internationale COH-FIT Studie zeigte eine deutliche Zunahme der psychischen Erkrankungen, vor allem Depressionen, Angststörungen und anhaltende Frustration bei Jugendlichen, gerade auch im Vergleich zur Zeit vor der Covid-Pandemie.


Achtsamkeitspraxis kann diesen Tendenzen nachweislich entgegenwirken. Erica Sibinga, Professorin für Kinderheilkunde an der Johns Hopkins University School of Medicine, fand heraus, dass schon zwölfwöchige Kurse mit fünfzig Minuten Praxis pro Woche einen Unterschied machen: weniger Streit, größeres Wohlbefinden und größere Selbstakzeptanz. Eine Meta-Studie kam unter anderem zu dem Schluss, meditierende Kinder seien weniger ängstlich, schlafen besser und seien weniger gestresst. Eine Schule in Nashville meldet achtzig Prozent weniger Verweise, seit sie Meditation in den Unterricht integriert.


"Die wirkliche Meditationsübung ist wie wir unser Leben von Moment zu Moment leben." - Jon Kabat-Zinn

Es ist geradezu dringend, jungen Leuten Methoden an die Hand zu geben, mit denen sie ihre Aufmerksamkeit trainieren können. Es scheint mir verantwortungslos, Kindern und Jugendlichen nicht zu zeigen, wie sie ihre Aufmerksamkeit steuern können. So wie eine Pianistin jeden Tag übt, um ihre Fingerfertigkeit zu verbessern, braucht auch unser Gehirn ein gewisses Training, um konzentrationsfähig und flexibel zu bleiben.



Deswegen baue ich kindgerechte Elemente der Achtsamkeitspraxis in meine Resilienz-Kurse ein! Das sind meine Top-Inspirationen:


1. Gedanken ziehen lassen


Lege dich entspannt auf den Rücken, schließe die Augen und atme ruhig. Stell dir vor, deine Gedanken ziehen wie eine bunte Parade an dir vorbei – mal laut und chaotisch, mal ruhig und sanft. Beobachte sie, ohne mitzugehen. Falls du dich doch mal „mitreißen“ lässt, komm einfach wieder zurück zum „Zuschauerplatz“. Diese Übung hilft Kindern, Gedanken wahrzunehmen, ohne sich davon zu sehr leiten zu lassen.


2. Gefühle als wechselhaft verstehen


Wie beim Wetter gibt es in uns verschiedene „Gefühlslagen“. Lass uns eine kleine „Wetterkarte“ basteln, auf der Sonne, Regen und Donner verschiedene Gefühle darstellen. Während der Übung zeigen die Kinder, welches „Wetter“ gerade in ihnen herrscht. Sie lernen dabei, ihre Gefühle zu erkennen und über sie zu sprechen.


3. Mitfühlen üben: Genau wie ich


Mitgefühl kann gelernt werden, indem wir uns bewusst machen, dass alle Menschen ähnliche Wünsche haben. Setz dich entspannt hin, schließe die Augen und denke an jemanden, der dich manchmal nervt. Stell dir vor, diese Person steht dir gegenüber. Wir sagen uns: „Diese Person möchte glücklich sein, genau wie ich.“ Wiederhole das mit anderen Sätzen und entwickle so Verständnis für andere.


4. Der Mut-Anker für schwere Momente


Ein Glücksstein aus der Natur kann beruhigen und als Anker dienen. Suche dir einen kleinen Stein, bemale ihn in deinen Lieblingsfarben und halte ihn in der Hand, wenn du dich gestresst fühlst. Die Berührung hilft, dich zu erden und wieder ins Hier und Jetzt zu kommen.


5. Kuscheltier-Atem: Beruhigung vor dem Einschlafen


Leg dich bequem hin und platziere ein Kuscheltier auf deinen Bauch. Beobachte, wie es beim Atmen auf und ab schaukelt. Diese sanfte Bewegung beruhigt und hilft, Körper und Geist zu entspannen. Eine kleine Übung, um abends leichter in den Schlaf zu finden.


6. Der Atem-Zug auf Reisen


Stell dir vor, du bist der Lokführer deines Atem-Zugs. Jeder Atemzug ist wie ein Waggon: Mal lang und ruhig, mal kurz und schnell. Fahr mit deinem Atem-Zug durch deine innere Landschaft und lenke deine Gedanken sanft zurück, wenn sie abschweifen. Diese Übung trainiert die Konzentration und hilft, die Gedanken zur Ruhe kommen zu lassen.


7. Der Zauberwald der Sinne


Schließe die Augen und stelle dir einen magischen Wald vor. Spüre den Boden, rieche die frische Luft, höre die Geräusche und stelle dir die Farben vor. Diese Übung hilft, mit allen Sinnen präsent zu sein und den Alltag kurz loszulassen.



"Zwischen Reiz und Reaktion gibt es einen Raum. In diesem Raum haben wir die Freiheit, unsere Reaktion zu wählen. In unserer Reaktion liegen unser Wachstum und unsere Freiheit."  - Viktor Frankl

Solche spielerischen Achtsamkeitsübungen bieten eine wertvolle Chance für Kinder, um mit der inneren und der äußeren Welt in Kontakt zu kommen. Wir trainieren so die Fähigkeit, die eigene Aufmerksamkeit zu steuern, was für Konfliktbewältigung, Selbstbewusstsein und Widerstandsfähigkeit eine entscheidende Rolle spielt. Probiere es selbst einmal aus, werde kreativ und schreibe deine eigene Achtsamkeitsreise!



Du interessierst dich für Achtsamkeitspraxis? Meine Buch-Empfehlungen mit bewährten Techniken:





Quellen: 


Autorin: Vanessa-Viktoria Fischer 25.10.2024


Comments


bottom of page